Gifhorn, die Gemeinde mit den rigidesten Vorschriften zum Thema Leinenzwang für Hunde in Deutschland, der Gemeinde, in der die Jäger das absolute Sagen haben, ballen sich Interessen der Hobbyjäger so kompakt, dass man sich getrost die Frage stellen darf, ob es nicht eine eigene Republik oder wenigstens ein eigenes Bundesland für die Jagdgenossen geben sollte oder gibt dieses Gebiet eigentlich schon mit dem Land Niedersachsen?
Gifhorn entspricht jedenfalls punktgenau der Vorstellung eines Hobbyjägers in Deutschland. Die Stadt wird seit Bestehen der Bundesrepublik durch die CDU regiert. Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende heißt Thomas Reuter. Herr Reuter ist beruflich Hauptkommissar der Polizei in Gifhorn, gleichzeitig Sprecher der Polizei, begeisterter Hobbyjäger und Sprecher der Jägerschaft im Süden des Landkreises Gifhorn. Er vertritt demzufolge in Person die Legislative und die Executive. Nun gut. Dies kommt in Deutschland recht häufig vor. Bei solcher Ballung von Macht könnte man eigentlich mal fragen, was der Herr Reuter so den ganzen Tag als CDU-Politiker, Hauptkommissar und Sprecher von Behörden und Vereinen so erledigt.
Antwort:
Er steht mit einem weiteren Hauptkommissar und einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Gifhorn am Schlosssee der Stadt Gifhorn und kontrolliert die „Leinenpflicht für Hunde” auf dem Gebiet der Stadt. Drei hochbezahlte Beamte verbringen ihre Arbeitszeit damit, Hundehalter, die im Stadtgebiet ihren Dackel nicht an der Leine haben, aufzustöbern. Nachzulesen in der “Gifhorner Rundschau” vom 04.06.2010.
Hundehalter werden zur Kasse gebeten, Bußgelder in Höhe von 5000,- € angedroht, rechtswidrige Normen werden zitiert. Ein Hundehalter, der seine Husky‘ s ständig an der Leine führt, wird ausdrücklich gelobt. Tierschutzrelevante Gesetze sind außer Kraft. Weil dieser „brave” Besitzer von zwei Hunden, die ihr Leben nur an der Leine verbringen, so „vorbildlich” erscheint, wird vom Ordnungsamtsmitarbeiter der Stadt Gifhorn eine Belohnung von 10,- Euro ausgelobt. Anders sieht es bei der Besitzerin eines kleinen Dackels aus, der nicht angeleint war. Von den drei Ordnungshütern ertappt, darf sich diese Dame nun auf ein saftiges Bußgeld einstellen, welches hoffentlich die Personalkosten für die zwei Beamten der Polizei und des Kontrolleurs der Stadt decken und eventuell auch noch die 10,- Euro für den Hundebesitzer von zwei Huskys, die nie von der Leine kommen, beinhaltet.
Der Autor Paul Müller (Die Zukunft der Jagd und die Jäger der Zukunft, 2009), Biologe, em. Professor für Bio-Geographie und passionierter Jäger schreibt in seinem Buch, dass die richtige Jagd „eine tierschutzgerechte Form des Fleischerwerbs“ sei. „In uns schlummern die alten „Jagdgene“ unserer Vorfahren. Emotional sind wir noch Jäger.
Wir sind heute keine Jäger und Sammler mehr. Um zu überleben, brauchen wir die Beute nicht. Doch Müller gesteht freimütig seine „Jagdpassion und tiefe Liebe zur Natur.“ Er schreibt:
>Jagd ist auch wildes, blutvolles Vorwärtsstürmen, Tasten unserer abgestumpften Sinne an sinnenscharfem Wild, ist ständiger Kampf zwischen Leidenschaft und Vernunft, altes Primatenerbe, ist Suche, manchmal auch Sucht nach Abenteuern in den letzten Wildnissen dieser Erde.<
Große Worte. Müller ist immerhin ehrlich. Er schreibt, dass er die Tiere liebt und gesteht freimütig seine Lust zu töten ein: „Der Tötungsakt löst einen Kick beim Jäger aus, der ihn erzittern lässt." Trotzdem behauptet, dass er ein Tierschützer sei. Ein merkwürdiger Widerspruch.
Der Mensch (= Jäger) sei die Krone der Schöpfung. Seit Darwin wissen wir, dass das Unfug ist. Die größte Gefahr für das Fortbestehen der Jagd sei die Vernunft, meint der spanische Philosoph Orthga y Gasset.
Wir brauchen keine Jagd und keine Jäger, das hat eindringlich die Sendung bei Oysso gezeigt. Und auch, warum sich nichts ändert. Sie haben eine einflussreiche Lobby, ganz im Gegensatz zu den Hundehaltern. Der Präsident des Jagdverbandes ist ein ehemaliger Landwirtschaftsminister, viele Jäger sitzen an den Schalthebeln der Macht: Sie sind Abgeordnete, Richter und hohe Beamte.