Seit 2000, dem Jahr der medialen Kampfhundehysterie, haben wir kaum eine solch perfide Stimmungsmache gegen Hunde gesehen. Die Methoden erinnern an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte.
In jener braunen Zeit zeichnetete sich das Wochenblatt “Der Stürmer” durch eine bis dato nicht gekannte rassistische Hetze damals gegen Juden aus.
Während meines Studiums der Psychologie habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und gefragt, wie eine solche Hetze überhaupt wirken kann.
Die Mechanismen zählen zu denselben, die Bild heute gegen Hunde einsetzt:
Methode Stürmer:
Sich als Anwalt einer angeblichen schweigenden, aber überwältigenden Mehrheit der “Volksgemeinschaft” ausgeben:
Bild:
“Worüber sich 3,36 Millionen Berliner ärgern”
Selbst bei der Umfrage auf der Website der Bild Berlin erklären sich real drei von vier pro Hund.
Methode Stürmer:
Minderheiten isolieren und als Störenfriede der “Volksgemeinschaft” verunglimpfen:
Bild:
“97 Prozent der Berliner, die keinen Hund haben und von Hunden genervt sind”
In Berlin gibt es etwa 150.000 Hunde. Unterstellen wir einen durchschnittlichen Haushalt mit gut 2 Personen, so sind das schon mehr als 10% der Berliner, die mit Hund leben. Die Pedigree-Studie von 2007 gibt an, dass Hunde bei 80% der Bevölkerung mit Sympathie gesehen werden.
Methode Stürmer:
Der Minderheit ansteckende Krankheiten und andere Gefahren für die “Volksgemeinschaft” andichten:
Bild:
Berliner Hunde produzieren “täglich 55 000 Kilo Kot (Übertragungsgefahr von Salmonellen, Würmern)”
Sollte von Hundekot gesundheitliche Gefahren für den Menschen ausgehen, müssten die Behörden sofort tätig werden. Eine solche Gefährdung liegt aber nicht vor (Landratsamt Garmisch-Partenkirchen hebt Badeverbot für Hunde auf). Durch Hunde übertragene Salmonelleninfektionen sind praktisch unbekannt. Und jedes Lebewesen produziert Kot. Der Mensch übrigens mit Abstand am meisten und diesen ebenfalls mit Salmonellen und Würmern. Vielleicht fragt Bild demnächst, wieviel Kot Türken oder Vietnamesen produzieren?
Methode Stürmer:
Probleme aus dem Zusammenhang reißen und verabsolutieren als angebliches Charakteristikum einer Minderheit:
Bild:
“Dazu die vielen Beiß-Attacken (660 allein gegen Menschen) 2010.”
Woher Bild diese Zahl nimmt, wird nicht gesagt. Selbst unterstellt, sie sei richtig, so beträfe die gerade 0,4% der Hunde.
Einfache Grenzen zwischen gut und böse werden präsentiert, einfach Lösungen. Es fehlt lediglich der Aufruf zum schnellen Vollzug. Das perfide an dem Vorgehen von Bild ist, dass pauschal Hunde attackiert werden. Die Ursache von realen Problemen liegt aber zu 99% am anderen Ende der Leine. Doch um echte Fakten und Lösungen geht es Bild auch nicht. Der deutsche Pressekodex, der solche Auswüchse ächtet, gilt leider nur für Menschen.
Zu den Hintergründen solcher Stigmatisierungen im Artikel:
Christoph Jung ist Psychologe, studierte Biologie, Initiator des Dortmunder Appell für eine Wende in der Hundezucht und Autor des Schwarzbuch Hund, Die Menschen und Ihr bester Freund!
[...] Die Methoden der Boulevardpresse; [...]