Vermutlich wird es der SPD für ihre Entscheidungen nicht ausreichend niveauvoll erscheinen. Aber so denkt nun mal manch einfacher Genosse.
Er wies mich zunächst darauf hin, dass die SPD die Sicherheit in München erhöhen werde und ob ich erraten könne, wie sie das tun wolle.
Beim Raten tippte ich zunächst auf die Gewalt- und Diebstahlkriminalität. Aber ich war auf der falschen Fährte.
Dann fiel mir der Polizeibericht ein.
Heißt es doch dort, dass 2011 bei Fahrradunfällen 2225 Radfahrer verletzt und davon 283 schwer verletzt wurden und dass sich schon allein von Januar bis Juli 2012 zahlreiche Fahrradunfälle mit Verletzten ereigneten, davon 3 tödlich. Im nächsten Jahr gibt es vermutlich wieder Tote.
Ich vermutete, die Partei mit ihrer Koalition werde das Radfahren in München ganz verbieten, besonders in Parks, wo Kinder laufen, das mache sich gut. Mindestens werde Sie einen TüV für Fahrräder fordern. Vielleicht fordern sie auch den Führerschein für Radfahrer und gleich noch für Reiter, Skateboard- und Skifahrer dazu. Das seien doch alles gefahrengeneigte und obendrein gefährdende Tätigkeiten.
Aber ich lag auch mit diesen Überlegungen falsch. Mein Genosse wies das als völligen Schwachsinn zurück. Die Partei tue das nicht, das koste ja eher Wählerstimmen!
Nun dachte ich nach. Wahrscheinlich wollen sie wenigsten ein klein wenig reglementieren. Es muss also eine kleine Minderheit mit wenig Stimmen sein. Von der müsse eine große Gefahr ausgehen. Große Gefahr?
Er meinte, eine große Gefahr sei gar nicht nötig. Es komme nur darauf an, was die Intelligenzblätter berichteten.
Nun war ich perplex. Ach, dann bleibt nur übrig, etwas aufzublasen, Ängste zu schüren und den Leuten eine Meinung zu bilden. Dann verbietet man was, droht Strafen an und befreit so die Leute von der Angst? Das bringt doch Stimmen!
Nun brach es plötzlich aus meinem Freund heraus: Er holte den Antrag der SPD- Stadtratsfraktion vom 27.11.2012 aus der Tasche. Er sagte, dass es der Partei natürlich um die Kinder gehe, guck mal Seite 2. Obwohl er Kinder und Enkelkinder habe, sei er aber aus der Partei ausgetreten.
Er gestand mir verlegen: Sie hätten einen Hund. Er schäme sich etwas, wie sehr sie alle den alten Hund liebten, besonders die Kinder und Enkelkinder. Man dürfe ja so ein wertloses Tier nicht so lieben wie einen Menschen. Man solle lieber den Kindern was geben. Ein Hund habe ja keine Seele. Das habe er ja schon im Religionsunterricht gelernt. Sein Hund habe noch dazu schlechte Eigenschaften. Er sei schwarz, knurre manchmal und fletsche manchmal sogar den Zahn.
“Warum denn nur einen Zahn?” fragte ich nach.
Ja, vor einem Monat, auf einem Gehweg im Englischen Garten habe ein Radl-Rambo den Hund angefahren. Das sei ein Greis von 79 Jahren gewesen, der den Hund nicht erkennen konnte, weil er seine Brille vergessen hatte. Er mache sich solche Vorwürfe, dass er den Hund an der Leine gehalten habe. Sonst wäre nämlich der Hund auf der Wiese und nicht auf dem Gehweg gewesen. Der arme Radl-Rambo wäre dann nicht hingefallen. Bei dem Vorfall habe der Hund einen Zahn verloren. Der Radl-Rambo habe ihn sofort bei der Verwaltung des Englischen Gartens angezeigt. Dort befinde sich nämlich die geheime Behörde für Hundeunterlagen.
Außerdem renne der Hund gern hinterher, wenn sich etwas schnell bewege. Kurze Zeit später sei der Hund hinter der berittenen Polizei hergelaufen und habe gebellt. Da habe die Polizeirittmeisterin gleich seine Personalien aufgeschrieben. Sie habe dann unter der Deckadresse Verwaltung Englischer Garten gemeldet, dass der Hund eine Beißattacke gestartet habe. Das würden die in solchen Fällen immer machen.
Die geheime “Hundeunterlagenbehörde” sammle nämlich Beißattacken um dem Stadtrat zu erklären, dass die Münchner Hunde jedes Jahr gefährlicher werden , um so neue Gesetze gegen die Hunde im Stadtrat durchzubringen. Er sei nur froh, dass die Pferde nie gebissen würden.
Erstaunt fragte ich nach: “Können die denn nicht reiten? Was ist denn das für eine militärische Sprache? Attacken?”
“Ja, ja , meinte er. Die Genossen wollen jetzt ja sogar auch eine Truppe aufstellen.”
Vollkommen verblüfft fragte ich: “Eine Truppe? Wollen die die wieder am Hindukusch einsetzen?”
“Nein, nein, am Monopteros.” Die Truppe solle die Besitzer von nicht angeleinten Hunden einfangen. Das sei eine menschengefährdende Schicht. Sobald man die Verbote erlassen habe, könnten die endlich mit hohen Bussgeldern zu gesetzeskonformen Verhalten erzogen werden.
Er meinte weiter: Wenn die Sozialbürokraten mit ihren Verordnungen in München durchkämen, stecke er in der Falle und würde wegen der Bussgelder totalitär, äh total verarmen.
“Ja wieso denn auch das noch?”
“Na, das ist doch ganz klar”, erwiderte er. Nach dem Tierschutzgesetz, Hundehaltungsverordnung § 2 Satz 1 müsse er ein Bussgeld zahlen, wenn er den Hund nicht mindestens zwei Stunden am Tag ohne Anbindevorrichtung frei laufen lasse.
Wenn er das aber tue, werde er selbst eingefangen wegen des Verstosses gegen den Leinenzwang und müsse auch Bussgelder zahlen. Das gehe dann jeden Tag so weiter. Er sei nicht so clever, dass er jeden Tag eine Rede für 25 Euro halten könne.
Ausserdem würden die einem einfachen Arbeiter wie ihm, der ja kein Alphatier sei, sowieso nicht zuhören. Das seien alles Intellektuelle, die sässen in der Verwaltung und wollten nur ihren Aufgabenbereich vergrössern , um sich so in der Politik wichtig zu machen.
Da war ich sehr unangenehm berührt. Ich merkte, dass mein Freund etwas verbittert war und unverständig, fast schon ein bisschen radikal , über seine ehemaligen Genossen redete. Um ihn etwas zu beruhigen, wandte ich ein: “Die meinen es doch gut, die haben doch extra was über Kinder gesagt, die wir ja alle lieben.”
Aber er schimpfte noch wütender zurück: „Hör doch mit den Kindern auf, die haben ja noch was ausgeheckt, um meine Enkelkinder zu schikanieren. Die Genossen meinen, ein Hund sei eine Maschine oder ein Auto. Immer haben meine Kinder den Hund Gassi geführt. Das wollen sie auch noch verbieten. Kinder kriegen keinen Führerschein. Das soll es erst mit 16 geben. Das wollen sie nämlich auch noch einführen!”
Da ich trotz meines fortgeschrittenen Alters so was noch nie gehört hatte und geistig nicht mitkam, fragte ich, wer denn den Führerschein machen solle. Es sei doch die ganzen Jahre der Hund gewesen, der ihn geführt habe. Auch Oma, Opa, seine Frau, seine Kinder und Kindeskinder hätten sich doch von dem Hund führen und beschützen lassen.
„Ja“ ,erklärte er, „jeder der mit dem Hund Gassi oder spazieren gehe, auch Nachbarn, die mal einspringen, brauchen eine Führerschein!“
„Ja das sind ja allein bei dir schon fast 30 Leute!“ bemerkte ich entsetzt.
“Nein, noch mehr, da meine Nachbarn Migranten sind, brauchen die für die Prüfung einen Dolmetscher.”
„Das wird ja dann noch teurer für Dich, bei dem Mindestlohn!“ bedauerte ich ihn.
„Vielleicht zahlt das die Stadt. Die ist doch reich! Bei 30 000 Hunden in der Stadt sind das doch geschätzt nur etwa 250 000 Hundeführerscheine.“
“Nein , nein”, schimpfte er zurück. “Das machen die doch zur Schikane, da soll doch jeder blechen müssen.”
Ich erwiderte: “Das glaube ich Dir nicht. Ich kenne nur reizende Menschen in der Partei. Du siehst das ganz falsch: Wahrscheinlich sollen nur die Hunde den Führerschein machen. Dann sind wir nur bei 30 000. Das ist dann auch für Dich viel billiger. Wenn man in Betracht zieht, dass die Stadt eine neue Verwaltungsstruktur schaffen muss, ist das immer noch sozial für die Partei und es bleibt noch bürokratisch, äh, demokratisch.“
Da schien es, als ob meinem Freund ein Steinbrück vom Herzen fiele. Aber das Gesicht des redlichen Mannes verdüsterte sich gleich wieder.
Neugierig geworden, fragte ich: „Wie kommt denn die Partei überhaupt auf den tollen Einfall, mit Hilfe der “Hundegefahr” Wählerstimmen zu akquirieren? Ist sie da von einer Zeitung gebildet worden ?“
„Nein, nein! Im Gegenteil !“erwiderte er. „Ich weiss das aber nur von Gerüchten. Das soll ganz anders ein. Sowohl die Zeitung wie die Partei sollen in dieser Hinsicht von einem im Hintergrund inspiriert werden. Das soll der Chef der “Hundeunterlagenbehörde” sein. Der versorge die Presse mit Bildern von Zähne fletschenden Hunden. Der sei auch schon “Chef” der berittenen Polizei und wolle noch zusätzlich die am Monopteros einzusetzende Truppe unter sich bringen.
Weil der Mann an einer nicht remittierenden Phobie gegen Hunde leide, sehe er seit Jahrzehnten ein Hundeproblem. Der kämpfe auch tapfer gegen eine Lobby. Es gäbe nämlich in München eine mächtige Lobby von Hunden. Der fühle sich auserwählt, das Problem zu lösen. Da der Mann aufstrebend, blendend aussehend und sehr sympathisch sei und einen sehr hohen Intelligenzquotienten habe und jedem seiner Gesprächspartner deshalb haushoch überlegen sei, brauche er seinen Gesprächspartnern nur ein “Stöckchen” hinzuhalten und die sprängen darüber, wie ein gut erzogener Hund.
Die Leute verlören unter seinem hypnotischen Einfluss jeden Sinn für Verhältnismässigkeit, zumal sie es natürlich gut meinten und auf Wählerstimmen scharf seien. Schon die Bayerische Staatsregierung sei vor der Wahl 2008 fast über das “Stöckchen” gesprungen, hätte aber gerade noch im Anlauf inne gehalten. Dafür sei er ihr heute noch dankbar. Die Phobie sei aber nicht besser geworden. Nun hoffe er, dass nun nicht noch der ganze Stadtrat vor Fasching über das “Stöckchen” spränge.
Erschüttert hielt ich die Luft an. So albern. Der Freund hatte, hin- und hergerissen, aus Liebe zu seinen Kindern und seinem Hund und zu seiner früheren Partei, den Verstand verloren. Der Antrag vom 27.11.2012 war eine Phantasiegebilde, eine Fälschung. Und wegen so was hatte die Partei ihren letzten echten Arbeiter verloren.
Ich verabschiedete mich. Zum Abschied streichelte ich seinen Hund, der – schon wieder “auffällig” – wie immer an mir hochsprang und wie immer mit seinen nassen Pfoten meine Hose beschmutzte. Lachend “fletschte” er seinen Zahn. Eine Attacke.
Machs gut. Auch du bist mein Freund.
Bernd Anke ist Jurist und Richter im Ruhestand
Foto: © caraman
Siehe auch:
- Offener Brief von Bernd Anke: Sozialbürokratismus
- Wofür Politiker Hunde, Minderheiten und andere Bedrohungen brauchen
- Dürfen Beamte in Bayern alles?
- Es brennt! Es brennt!
- Geistlose Mittelmässigkeit
- Brauchen wir Hundegesetze-, und Verordnungen?;
- Verkehrsminister Ramsauer will gegen “Kampfradler” vorgehen
Also ich finde es echt beschämend das immer und immerwieder diese Diskussionen geben muss!
Zum einen gibt ebensoviele Hundebesitzer die verständlisslos sind, via Nichthundebestitzer…
Zum anderen gibt es ebend Eltern mit Kindern. Es ist ebend so das in einer Grossstadt alle miteinander zurecht kommen müssen, ergo jeder sollte sich mal daran erinnern das es ebend Regeln gibt.
Was ich erschrecken finde sind diese Kackbeutel die ÜBERALL herumliegen, in Gebüsche neben KINDERSPIELPLÄTZEN geworfen werden. Da frage ich mich ernsthaft wie weit , oder besser was sich die ach so tollen Hundebestitzer dabei denken? Natürlich hat jeder das Recht sich einen Hund zu halten, dennoch gibt es Regeln an die sich gehalten werden muss und sollte.
Was ich noch viel abstruser finde das dieses Thema jetzt auch noch plitisiert wird…ich denke es gibt wirklich wichtigere Grüde sich Politisch zu orientieren.
Ich habe nichts dagegen das Hunde in der Stadt leben, aber jeder von den Hunden, sei er auch noch so klein, lieb, verspielt und intellegent, sollte ein Mindestmaß der Erziehung genossen haben.
Das gleich gilt natürlich auch für uns Menschen!!!!
Überall da wo viele verschiedene Gruppen (Radfahrer, Wanderer, Hundebesitzer, Eltern und Menschen generrell aufeinander treffen sollte Toleranz und Verständnis das Maß der Dinge sein!!
Der Irrsinn kennt keine Grenzen. Ich höre immer Kinder schützen – als Vorwand für eine völlig aus dem Ruder gelaufene Politik gegen Hunde.
Ich muß meine Hunde vor Kindern schützen, denen sie nicht als williges Spielzeug dienen sollen und wollen, ohne das ein Elternteil da mal reagiert. Im Gegenteil, da muß ich mich noch anblaffen lassen wenn ich das nicht zulasse. Dummheit ist das Ende der Welt und wenn Kinder so erzogen werden, das ihnen Tiere fremd sind und Angst anerzogen wird, dann sind das wirklich arme Wesen. Und sie tun mir auch leid. Meine Kinder sind mit Hunden aufgewachsen und sie haben Respekt gelernt und das auch Tiere eine Würde haben und Seele und dementsprechend gehen sie auch mit diesen um. Leider sind solche Kinder eine Minderheit.
Ich frage mich wann in den Köpfen der Menschen endlich mal eigenständiges Denken beginnt. Und – wer als Hundehalter einer Partei seine Stimme gibt, die eine derartige Politik verfolgt, wird nichts verändern.
Wehret den Anfängen. In Hamburg haben die aufrechten Sozialdemokraten das alles schon realisiert.