Offenbar ist man in Deutschland wie die letzten Ereignisse in Rüsselsheim zeigten überfordert wenn es um Tiere und tasächlichen Tierschutz geht oder darum Tierquälerei zu verhindern. Dies wird durch Bürokratie, Behörden und überforderte Tierheime die in Notfällen nicht zu erreichen sind, erschwert.
Derzeit überschlagen sich die Ereignisse, wenn es um Hunde geht. Da versucht eine mutige Ordnungsbehörde, einen Gewalttrainer aus der Öffentlichkeit zu verbannen, mit mäßigem Erfolg, da es letztendlich doch ein Schlupfloch gab.
Da macht sich eine Lehre breit, die sektenähnlich von einer Frau verbreitet wird und selbst eine medienträchtige selbst ernannte Hundefachfrau springt auf den Zug auf.
Es werden bei einem überzogenen Polizeieinsatz, zwei Hunde in stümperhafter Weise, wie der Polizeisprecher sagt, erlegt.
Zu guter Letzt kommt eine Nachricht auf den Plan, dass viele Kommunen, drastisch die Hundesteuer erhöhen wollen oder sogar schon erhöht haben.
Dies alles sind Nachrichten aus der vergangenen Woche und jede für sich ist für Deutschlands Hundehalter schon diskussionswürdig. Doch zusammen betrachtet scheint sich, seit geraumer Zeit, ein Wandel zu vollziehen, der langsam aber stetig, die gesamte Welt der Hundehalter und –freunde durcheinanderwirbelt.
Einzig unbeachtet bei dieser Art von Veränderung, ist die Verteilung der Kompetenzen, derer die sich um Hunde in Not kümmern sollen oder müssen. Seien es Fundhunde oder Streuner, welche die „öffentliche Ordnung“ stören, seien es Hunde, die vernachlässigt ein erbarmungswürdiges Dasein führen oder einfach durch widrige Umstände, entlaufene Hunde, die teilweise traumatisiert und orientierungslos angetroffen werden.
Für all diese Tiere werden Fachkräfte benötigt, die allerdings nur selten, wenn überhaupt, zur Hilfe gerufen werden können. Viele Gemeinden haben Verträge für eben die Aufnahme dieser Tiere, doch beschränkt sich die vertraglich vereinbarte Verantwortung meist, lediglich auf die „Verwahrung“ der Tiere. Kompetenzen, die zum Ergreifen und Sichern der Hunde nötig wären, sind meist nicht vorhanden oder wenn, scheitert es an der „Bürozeit“ der Vertragspartner. So liegt die Verpflichtung, freilaufende Hunde zu sichern, wieder bei der zuständigen Ordnungsbehörde, die außerhalb ihrer „Bürozeiten“ diese wiederum an Polizei oder Feuerwehr delegiert.
Was hierbei wenig oder gar nicht beachtet wird, ist die Tatsache, dass die wenigsten Polizeibeamten oder Kameraden der Feuerwehr, darin geschult sind, dieser Aufgabe adäquat gewachsen zu sein. Dies zeigen Vorfälle wie der kürzlich in Rüsselsheim immer wieder. Den Tierschutzeinrichtungen kann man in dieser Sache kaum einen Vorwurf machen, denn die finanziell sehr knappgehaltenen Verträge, die mit den Gemeinden geschlossen wurden, erlauben es nicht eine rund um die Uhr Verfügbarkeit zur Verfügung zu stellen.
Dadurch, dass aus Inkompetenz immer mehr “Pannen” im Umgang mit Tieren auftreten, wird allerdings ein Überdenken der Verfahrensweise immer nötiger. Sei es durch Hunde auf Landstraßen oder Autobahnen oder auch von Laien nicht einschätzbare Hunde, wird die Verfügbarkeit von Fachkräften notwendiger. Dies bedeutet allerdings auch, dass man diesen Fachkräften zum einen die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt und zum anderen auch weitere Kompetenzen einräumt, beispielsweise ihnen erlaubt einen bestimmten Bereich für Publikum oder Schaulustige, abzusperren ebenso, dass sie in diesen speziellen Fällen auch bedingt weisungsbefugt gegenüber anderen Einsatzkräften sind.
Da wir jetzt schon einige zusätzliche Kompetenzen aufgezählt haben, die bei direktem Handeln von Nöten wären, kommen wir nun zur Prävention.
Hier sollte man nicht einzig auf das Urteil der Veterinärbehörde zurückgreifen, sondern auch bei verschiedenen, als widrig anzusehenden Haltungsbedingungen, diesem Fachpersonal gewisse exekutive Rechte einräumen. Um präventiv gegen solche tierschutzrelevanten Haltungsbedingungen entgegenwirken zu können.
Beispielsweise bei Anbinde- oder Isolationshaltung, wodurch angstaggressive Tiere entstehen können oder aber auch bei Erziehung, die auf Gewalt basiert. In solchen Fällen sollte diesen Fachleuten schnellere Handlungsfreiheit gewährleistet werden, ohne wochen- oder monatelang auf den Verwaltungsapparat warten zu müssen. Eine Unterstützung in solchen Fällen von der Ordnungsbehörde und/oder der Polizei wäre hier ebenfalls wünschenswert.
Es wäre also eine durchdachte Handlungsweise durch die zuständigen Behörden, in Zusammenarbeit mit ausgebildetem und regelmäßig geschultem Fachpersonal nötig. Anstatt ein Gefahrenpotenzial an irgendwelchen Hunderassen festzumachen, sollte eher wert darauf gelegt werden, dass nicht durch gewissenlose Halter und deren „Erziehungsmethoden“, nicht einschätzbare Hunde entstehen.
Wie soll auch ein unwissender Halter beurteilen, dass er seinen Hund nicht nach Methoden eines Cesar Millan zu erziehen hat, da Gewalt oft Gegengewalt erzeugt. Wenn die Medien dann noch eine solche Ausbildungsmethode propagieren und ganze Staffeln von dem Hundeflüsterer immer und immer wieder ausstrahlen.
Da diese Hunde dann oft zusätzlich noch in Zwingern ohne Sozialkontakte oder sogar an der Kette gehalten werden, sind Verhaltensauffälligkeiten absehbar.
Dadurch aber, dass sich der Halter auf seine Unterbringung verlässt, ist hier bei einer Flucht der meist verängstigen, verunsicherten und reizarm gehaltenen Tiere ein höheres Risiko gegeben, als bei Hunden die situationsbedingt, beispielsweise, weil sie sich erschrocken hatten, entlaufen sind.
Diese unterschiedlichen Fälle und noch viel mehr könnten durch Fachkräfte vor Ort mit eingeschätzt werden. Danach wäre es nur noch Routine den jeweiligen Hund zu sichern. Auch würden diese Fachleute nicht den Fehler machen das Verhalten eines Hundes an seiner Rasse festzumachen, denn ein verhaltensauffälliges Tier hat keine spezifische Zugehörigkeit einer Rasse, sondern reagiert meist nur, wie es seine Prägung, in seiner Psyche verankert hat.
Ein weiteres Problem birgt die Verherrlichung von Hundeprofis, die einzig für Einschaltquoten sorgen, allerdings meist im Umgang mit Hunden, eher als gefährliches Vorbild für Unwissende dienen.
Gäbe es hingegen eine allgemeie Notrufnummer für Notfälle gleich welcher Art, könnten solche Situationen zeitnah, vernünftig gelöst und beendet werden. Ein Gebrauch von Schusswaffen wie derzeit bei der Exekutive geschehen, würde nicht mehr stattfinden und würde nicht zufällig anwesende Personen gefährden.
Andern Orts, hat man dies schon angefangen zu realisieren.
Nach amerikanischem Vorbild, gibt es auch in den Niederlanden„animal cops“ mit eigener Hotline (144). Seit 2011 sind ca. 500 animal cops in den Niederlanden aktiv. Die Hauptaufgaben der Tier Polizisten ist die Bekämpfung von Tierquälerei und Vernachlässigung der Tiere. Die Tier Polizisten erhalten die gleiche Grundausbildung wie die anderen Polizisten und haben die gleichen Befugnisse. Sobald diese Grundausbildung abgeschlossen ist, folgt ein Fachstudium an der Polizeiakademie. Ihnen wird dann die besondere Verantwortung innerhalb ihrer Einheit für den Umgang mit Tierschutzfällen erteilt.
Die Schulung der animal cops umfasst:
Rechtsvorschriften über Tierquälerei; Leiden bei Tieren erkennen; die Befugnisse des Tier Polizisten; Verfahren für die Beschlagnahmung der Tiere; Verfahren für die Meldung bei Tierquälerei (wie die Erstellung eines offiziellen Berichts). Stellenangebote für Tierpolizeibeamten werden intern von der Polizei bestimmt und werden daher nicht ausgeschrieben.
In den Niederlanden hat sich allerdings zum Thema Tierschutz sehr viel geändert. Tierquälerei wird dort je nach Schweregrad mit Bussgeld und Gefängnis bestraft. Die Strafen sind also wesentlich härter, ähnlich wie in den USA, als in Deutschland. Tierquälerei wird in Deutschland, wenn überhaupt, mit einem Bussgeld bestraft.
Es könnte auch neues Berufsbild für Tierschutzeinrichtungen entstehen und Tierpfleger eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass mindestens jeder Landkreis über drei bis vier Fachkräfte verfügen sollte, um im Falle eines Einsatzes, zeitnahe am Ort des Geschehens sein zu können.
Nun wird von Behördenseite mit Sicherheit die Frage der Finanzierung gestellt werden, doch ergibt sich als Antwort einmal mehr das Argument, dass Hundesteuer wenn sie schon irrwitziger Weise erhoben wird, auch Zweckmäßig und Zweckgebunden eingesetzt werden sollte.
Zum Abschluss noch ein Rat für alle Hundehalter, die sich Hilfe bei einer Fachkraft suchen. Vorsicht bei selbst ernannten Profis, die mit einem Rezept aufwarten.
Ein Profi arbeitet immer ohne Rezept, denn jeder Hund ist anders, jeder Hund hat seine eigene Persönlichkeit. Es gibt endlos viele unterschiedliche Persönlichkeiten.
Es ist Unfug, zu behaupten, es gäbe nur sieben verschiedene Grundpersönlichkeiten, die angeboren wären, wie es die Lehre der derzeit in Mode gekommenen „Rudelstellungen“ uns einzureden versucht. Weder eine Barbara Ertel noch eine Maja Nowak kann das Verhalten eines Hundes an seiner Geburtsstellung festmachen.
Ein echter Profi erkennt die Persönlichkeit eines jeden einzelnen Hundes und geht individuell auf den entsprechenden Hund zu. Das einzige Zauberwort, welches bestand hat, ist Vertrauen, alles andere wird auf Dauer zu einer Gefahr für Mensch und Tier.
Michael Schlesinger ist Blogger, Journalist und überzeugter Tierschützer bei der Tierschutzinitiative Vorpommern e.V.
Foto Facebook: Animal Police in Netherlands
Siehe auch:
Animal Police in Philadelphia USA
Animal Cops – SUPER! Das bräuchten wir in Deutschland auch. Ich hoffe das sich das durchsetzt und eine feste Institution wird in allen Bundesländern.
Ja JA und nochmals JA! Man muss endlich aufwachen und Leute holen, die sich mit Hunden auskennen. Nur dann kann man vernünftig arbeiten!