Spielen und herumalbern macht Spaß und löst Glücksgefühle aus. Doch wie erkennt man Spielverhalten und wie kann man als Hundehalter erkennen, welche Spielkameraden der eigene Hund bevorzugt?
Lange Zeit galt in der Wissenschaft die Meinung, dass Spiel nur zum Erlernen diverser Fertigkeiten notwendig ist, die ein junger Hund im Erwachsenenalter braucht. Heute wissen wir aber noch mehr: Spielen ist wichtig zur Entwicklung von Sozialverhalten. Die unterschiedlichen genetischen Veranlagungen der Hunde, je nach Rasse, der Persönlichkeit, des Geschlechts und der Erfahrungen beeinflussen nicht nur das Verhalten, sondern auch das Spielverhalten. Spiel dient auch dazu Bindungen zu festigen und auszuprobieren wie man am besten kommuniziert. Hunde lernen ohne ernsthafte Motivation auch Grenzen auszutesten, nämlich was vom Gegenüber akzeptiert wird und was nicht.
Auch hier gibt es Parallelen zum Menschen. Kinder (Armin Krenz hat dazu intensiv geforscht), die viel und intensiv sowie vielseitig spielen, sind motorisch und kognitiv jenen Kindern überlegen, die wenig spielen (mit Spielen sind in diesem Fall im Übrigen keine Computerspiele gemeint). In erster Linie sind die „Spielkinder“ jedoch in sozialen und emotionalen Bereichen überlegen, denn sie können Enttäuschungen besser verarbeiten, haben eine geringere Aggressionsbereitschaft, sind zufriedener und ausgeglichener. Sie hören gut zu, sind empathisch, akzeptieren Regeln besser und pflegen intensiver und nachhaltiger Freundschaften.
Nun gibt es ganz unterschiedliche Spielformen, je nach Hund werden unterschiedliche Spiele bevorzugt. Es gibt Sozialspiele, bei denen immer ein Sozialpartner involviert ist (im Gegensatz zum Solitärspiel, bei dem der Hund alleine spielt). Das Sozialspiel ist die häufigste Form des Spiels bei Hunden. Dazu gehören Beiß- und Kampfspiele, erkennbar durch das spielerische beißen in Schulter- und Nackenbereich, aber auch Beine.
Rennspiele, auch Jagdspiele genannt, dienen dazu ein „vermeintliches Opfer“ zu jagen und „zur Strecke“ zu bringen. Häufig ist diese Form des Spiels der Spielbeginn zwischen zwei oder mehr Hunden, wobei ein Hund den gejagten spielt und der Rest hetzt hinterher. Schnell wechseln hierbei die Rollen und ein anderer Hund spielt den Gejagten. Wichtig ist hierbei: wenn immer nur ein Hund von allen anderen gejagt wird und das Spiel nur einseitig gesteuert wird, ist diese Verhaltenssequenz kein Spiel, sondern „Mobbing“! Der Gejagte hat dann keinen Spaß, sondern Stress.
Auch “Rollenspiele” gibt es bei Hunden. Ein ranghöheres Tier spielt dabei plötzlich den rangniedrigeren und umgekehrt. Diese Form des Spiels beobachtet man bei Hunden, die sich entweder sehr gut kennen wie bei Elterntieren, aber auch bei Erwachsenen Hunden gegenüber dem Nachwuchs in einer Vorbildfunktion. Wir Menschen kennen das auch von uns!
Außerdem gibt es Mimikspiele, die Hunde schneiden richtige Grimassen und sehen sehr bedrohlich aus – nichts davon ist ernst gemeint.
Es gibt auch sexuelle Spiele, dabei animiert die Hündin beispielsweise einen Rüden zum Rennspiel. Sie testet dabei auch, wie wendig und intelligent er ist. Auch zärtliche Beißspiele lässt sie zu, schließlich will sie wissen, ob er der geeignete Vater ihrer Welpen werden kann. Dass die Hündin nicht jeden Rüden an sich heran lässt und mit ihm spielt, nicht nur in der Paarungszeit, zeigt auch, wie wichtig das Spiel für die Fortpflanzung ist.
Objektspiele, auch Beutespiele genannt, sind Gegenstände, die in das Spiel mit einbezogen werden. Dazu gehört das Herumtragen und zur Schau stellen, Flucht mit der „Beute“ und das Sichern derselben.
All diese Spielformen zeigen, wie vielseitig das Spiel auch bei Hunden ist. Wichtig hierbei ist zu wissen, dass ein Spiel wechselseitig sein sollte. Es sollte nicht passieren, dass immer nur ein „Spielpartner“ den Kurs vorgibt (jagt, unterwirft, ausbremst usw.) Wenn dies passiert, sprechen wir von „Mobbing“. Der Hundehalter sollte sich als „Kindergärtner“ verstehen und nur dann eingreifen, wenn aus Spiel Ernst wird. Voraussetzung hierfür ist zu wissen, ob der eigene Hund überhaupt Lust auf Spielen mit Artgenossen hat. Kranke, alte und Hunde mit Handicap sind mit Sicherheit dankbar, wenn sie sich nicht körperlich verausgaben müssen.
Allzu rüpelhaftes Verhalten, das sich im Spiel steigert und nicht wieder abebbt, sollte abgebrochen werden. Die Hunde sollten zu ihrem Besitzer gerufen (dies setzt Abrufbarkeit voraus) und getrennt werden. Der „Rüpler“ im Spiel sollte eine Auszeit bekommen, bis er sich wieder beruhigt hat. Er bekommt eine Chance weiter zu spielen, wenn er sich „benimmt“.
Als Hundehalter sollte man darauf achten, dass der eigene Hund viele andere Hunde in den ersten beiden Lebensjahren kennen lernt, damit er sich auf unterschiedliche Spiele einlassen kann und auch lernt andere Rassen zu verstehen. Hunde sind Individuen und wenn sie eine bestimmte Rasse, einen bestimmten Typ Hund oder auch eine bestimmte Spielform nicht mögen, so ist das völlig in Ordnung. Übrigens beeinflussen wir Menschen auch die bevorzugten Spiele und Spielpartner unserer Hunde. Mögen wir Menschen eine bestimmte Rasse oder einen bestimmten Hund nicht, so ist die Wahrscheinlichkeit bei unserem eigenen Hund größer, dass er diesen Hund ebenso nicht mag.
Nicht alles ist ein Spiel
Die Reaktionen unserer Hunde als Individuen auf andere Artgenossen sind vielfältig, wenn unterschiedliche Persönlichkeiten, mit verschiedenen Erfahrungen im Umgang mit anderen Hunden, aufeinandertreffen. Dennoch hat sich in vielen Hundehalterköpfen offenbar nachhaltig die Meinung verankert, der eigene Hund hätte nur „Spielen“ im Kopf wenn er auf Artgenossen trifft. Vermutlich hängt dieser Irrglaube damit zusammen, dass viele Menschen den Unterschied und die Signale der Hunde, zwischen Spiel und Ernst, nicht unterscheiden können. Wie sieht Spiel aus und wann ist „Spiel“ tatschlich „Spiel“?
Hundebesitzer sollten vor allem ernst nehmen und es respektieren, wenn ein anderer Hundebesitzer signalisiert, dass sein Hund nicht spielen möchte. „Meiner will nicht spielen!“ Hierfür gibt es meist einen Grund. Entweder der Hund hat im Umgang mit anderen gleichgeschlechtlichen Artgenossen, Rüden oder Hündinnen, ein Problem und ist auf diese nicht gut zu sprechen oder er ist ängstlich, krank oder alt. Unerfreuliche Situationen ließen sich durch gegenseitige Rücksichtnahmen und Respekt vermeiden. Also den eigenen Hund zurückrufen, Anleinen und an dem anderen Hund konfliktvermeidend vorbei gehen. Aber kaum ist das letzte Wort des ignoranten Hundebesitzers „meiner will aber nur spielen“, ausgesprochen da ist es auch schon zu spät. Entweder es gibt Ärger, oder der ängstliche Hund tritt die Flucht an oder die Hunde spielen tatsächlich oder gehen sich aus dem Weg, weil vielleicht der alte Hund den jungen Rüpel, im günstigsten Fall, ignoriert.
Ja, Hunde spielen miteinander, erwachsene Hunde mit erwachsenen Hunden und junge Hunde mit erwachsenen Hunden und junge Hunde mit jungen Hunden. Sie tun es aber nicht immer und ständig, schon gar nicht mit jedem.
Daher ist es auch so wichtig zu erkennen, welche Spielpartner der eigene Hund bevorzugt und mag, damit wirkliche „Hundefreundschaften“ entstehen und gefördert werden können. Spielen gehört zu einem entspannten (Hunde-)Leben dazu!
Im nächsten Beitrag lesen Sie zum Thema „rüpelnde Junghunde“ und wie man die Zeit der „Mir gehört die ganze Welt und alle sollen es wissen!“ gut steuern kann.
“Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden. Wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen.”
George Bernhard Shaw
Sabrina Krebs, studierte in Göttingen Sozialwissenschaften – Schwerpunkt Sozialpsychologie. Nach ihrem Examen, Aufenthalt in Australien und Arbeit mit Farmhunden, Ausbildung zum Trainer bei Martin Rütter.
Siehe auch: Pubertät – Willkommen im Club!
Ein toller Artikel der mir aus dem Herzen spricht. Viele Hundehalter sollten sich die Zeit nehmen, viel über Hunde und deren Spiel zu lernen.
auch die Hundetrainer die Spielen unter Hunde kritisieren, sollten sich mal mit dem Artikel auseinander setzen.
Ich genieße es sehr, die Kommunikation von Hunden zu beobachten, auch im Spiel!
es macht spaß eure artikel zu lesen – besonders der shiloh und sein kumpel erinnern mich stark an meine hündin (die garantiert auch nicht jeden hund mag und spielen will)