Das wohl eingängigste Beispiel ist das Territorialverhalten, also der Lebensraum in dem wir uns befinden und den wir beschützen, um die eigene Art zu erhalten.
Die meisten Tierarten zeigen Markierverhalten um das Gebiet, in dem sie leben, als von ihnen bewohnt zu kennzeichnen. Das kann durch bloße körperliche Anwesenheit passieren, aber auch durch Körperausscheidungen oder Haare, die hinterlassen werden.
Wir Menschen sind ebenfalls territorial in unseren Verhaltensweisen.
Menschen in U-Bahnen sind ein Beispiel. Da sitzen erwachsene Menschen auf ihren Sitzplätzen und drapieren auf dem Sitz neben und vor sich diverse Plastiktüten mit den Inhalten des letzten Einkaufs. Die Einkaufstüten werden als Markiersignal verwendet und damit an einen potentiellen Eindringling kommuniziert: „Komm nicht in meine Nähe, diese vier Sitzplätze gehören alle mir“. Die Fahrgäste möchten außerdem Individualdistanz schaffen, darauf kommen wir aber an anderer Stelle zurück.
Wir arbeiten als Mensch außerdem mit Duftmarken.
Das Wälzen unserer Hunde im Aas hat unter anderem auch einen sexuellen Charakter – wir selbst tun nichts anderes, wenn wir Parfum auftragen. Vielleicht sind wir nicht immer und jeden Tag darauf aus, einen neuen Lebensgefährten kennen zu lernen, wir wollen trotzdem für unser Umfeld gut riechen, um im Gegenüber eine bestimmte Reaktion zu erzeugen.
Auch Imponierverhalten ist im Verhaltensrepertoir eines Menschen angelegt.
Das tief verwurzelte, menschliche Bedürfnis einem anderen Individuum oder Gruppe gegenüber soziale oder materielle Überlegenheit zu demonstrieren, ist vielfältig erforscht. Menschen nutzen Gegenstände, um sich selbst aufzuwerten. Das große Haus, das schnelle Auto, die neuen Ohrringe, werden dazu verwendet, um den eigenen sozialen Status zu untermalen. Das wohlige Räkeln in einer wichtigen Besprechung oder das Heben oder Senken der eigenen Stimme, wirkt auf das Umfeld als sozial sicher. Hunde strecken und wälzen sich, knurren leise oder laut, lang oder kurz.
Es gibt auch Herrschaftsgebärden bei Menschen, gerne Dominanz genannt, wobei mir an dieser Stelle wichtig ist zu sagen, dass wir von situationsbezogener Dominanz sprechen, keiner generellen. Die allerwenigsten Hunde (vielleicht sogar kein einziger Hund) dieser Welt sind IMMER dominant oder streben stetig nach Macht und Herrschaft im eigenen Rudel oder der Familie. Wir können in Geschäftsgesprächen oder in Gesprächen zwischen Lebenspartnern beobachten, wer der hierarchisch Mächtigere im Dialog ist. Wer beendet das Gespräch? Wer legt die Hand auf die Schulter des jeweils anderen? Wer unterbricht den anderen im Satz? Bei Hunden beobachten wir, wer wem den Kopf auflegt oder sich weg dreht und einfach geht, obwohl der andere noch empört bellt.
Auch zielgerichtete, konfrontative Blicke in Kombination mit straffem Körper und zusammengezogenen Augenbrauen signalisieren unserem Gesprächspartner, dass wir ihn als Gegner einstufen und auf Konfrontation gepolt sind. Wir drohen und sagen dem Gegenüber, dass er nun entweder besser geht, sich ergibt oder eben (verbal oder körperlich) angreift.
Der Einsatz von Körpersprache bildet, wie wir im vorigen Beitrag zu diesem Thema kurz angeschnitten haben, einen elementaren Bestandteil in der Verständigung – nicht nur zwischen Mensch und Mensch, auch zwischen Mensch und Hund.
Nonverbale Signale passieren meist unbewusst, daher sind sie auch so wichtig um zu erkennen, was unser Gegenüber tatsächlich meint. So können wir abschätzen, ob die gesagten Worte mit dem, was der Gesprächspartner empfindet und wie er dazu steht, auch konform gehen. Wir entscheiden letztlich, ob wir diesem Menschen unser Vertrauen schenken oder nicht. Laut diverser Studien entscheiden wir Menschen innerhalb der ersten Sekunde, ob wir einen Menschen mögen oder nicht. Der Dialekt, Stimmlage, Kleidung, Geruch (auch Parfum), Gestik, Mimik, Aussehen und Haltung sind der Schlüssel dazu, gepaart mit Erfahrungen. Über fünfundneunzig Prozent des ersten Eindrucks ist von diesen Faktoren abhängig, nur fünf Prozent des ersten Eindrucks macht das Gesagte aus. Wir kommunizieren also in erster Linie über Körpersprache – genau wie unsere Hunde.
Bevor im Folgenden die einzelnen Kommunikationsformen der Hunde ein großes Thema werden, schauen wir uns im nächsten Beitrag kurz an, inwieweit der Vorfahr Wolf eine Rolle spielt und welche biologischen Grundvoraussetzungen zur Kommunikation bei Haushunden vorliegen.
Sabrina Krebs, studierte in Göttingen Sozialwissenschaften – Schwerpunkt Sozialpsychologie. Nach ihrem Examen, Aufenthalt in Australien und Arbeit mit Farmhunden, Ausbildung zum Trainer bei Martin Rütter.
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Literaturempfehlungen:
Samy Molcho „Körpersprache“, Goldmann Verlag
Friedmann Schulz von Thun „Miteinander reden 1-3“, Rowohlt Verlag
Paul Watzlawick „Man kann nicht nicht kommunizieren“, Huber Verlag
Siehe auch:
- Verstehen Sie uns Hunde wirklich?
- Die jungen Rüpel
- Kleine Hunde – grosse Hunde
- Gewalt gegen Hunde und der Gesellschaftliche Schaden
- Spielen bedeutet Lernen!
- Wie lernen Hunde und Menschen?
- Auch bei Hunden gibt es Sympathie und Antipathie
- Neue Studie über Hunde! Und der Wissensstand der Trainer?
- Die Dominanztheorie – eine deutsche Erfindung;
- Wissenschaft beweist erneut: Nur Hunde verstehen den Menschen!;
- Eigentlich wissen wir nichts über unsere Hunde!
- So klug ist Ihr Hund
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- Schwarzbuch Hund: Klischees, Überlieferungen und “selbst gestrickte” Theorien
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- Border Collies im Ursprungsland Wales
- Hunde sind auch nur Menschen
Guter Artikel!
Den jeder lesen sollte, wenn er seinen eigenen und andere Hunde verstehen möchte!
Vor allem die Parallele zum Menschen, der “Krönung der Schöpfung” ist sehr treffend beschrieben.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Hunde ihre Menschen besser verstehen und wahrnehmen, als diese sich selbst!
Aber wen wundert das? Der Mensch entwickelt sich zurück! Stummpft ab, verdummt im täglichen Bauchnabelbeschau wodurch er meint wichtig zu sein. Obwohl er als einziges Säugetier in Anspruch nimmt über den Tieren zu stehen – und in der Lage wäre sein Verhalten zu reflektieren.
Wohin wird den Menschen aber diese rückläufige Entwicklung mit seinem Egoismus führen? Zu einem Säugetier, daß nicht mehr weiß wozu es eigentlich existiert und andere Artgenossen vergessen hat?