Sind Jäger Tierschützer? Jäger behaupten von sich, dass sie Tierschützer seien. 300.000 Hobbyjäger und einige tausend Berufsjäger, die für begüterte Jagdherren arbeiten, erlegen jährlich fünf Millionen Wildtiere: Rehe, Hirsche, Hasen, Füchse, Marder, Enten und Wildgänse, außerdem hunderttausende Katzen und 30.000 Haushunde „Der Wald ist die Schießbude der Nation“ (SWR – Odysso 8.4.2010).
Der Wildtierbestand wird durch die Jagd klein gehalten, um den Wald zu schonen, behaupten die Jäger. Das Gegenteil ist richtig. Um den Bestand besonders hoch zu halten wird ganzjährig gefüttert, was nach dem Jagdrecht nicht erlaubt ist. Wildfütterung verhindert die natürliche Selektion. In fast allen Ländern der Welt ist die Jagd in Naturschutzgebieten verboten, ohne dass dort das natürliche Gleichgewicht gestört worden wäre.
Gute und böse Hunde
Karl-Heinz Loske schreibt in seinem Buch „Von der Jagd und den Jägern“ (2006).
„Gut“ sind die Hunde der Jäger, scharf gemacht häufig an lebenden Katzen, denen der Fluchtweg versperrt wird. „Böse“ die Hunde von Nichtjägern, die totzuschießen sind. Denn das Wild fürchtet sich nur von den Nichtjagdhunden, gleich welcher Rassen, die armen jaglich geführte Roboter-Hunde sind dem Hasen lieb und vertraut.
„Wildernde“ Hunde dürfen getötet werden, wenn sie im Jagdbezirk dem Wild nachstellen. Die Lizenz zum Töten resultiert aus dem Paragrafen 23 des Bundesjagdgesetzes:
Der Jagdschutz umfasst nach näherer Bestimmung durch die Länder den Schutz des Wildes insbesondere vor Wilderern, Futternot, Wildseuchen, vor wildernden Hunden und Katzen sowie die Sorge für die Einhaltung der zum Schutz des Wildes und der Jagd erlassenen Vorschriften.
Brut- und Setzzeit
Im Niedersächsischen Waldgesetz (§ 33) steht, dass Hunde vom 1.April bis zum 15.Juli in der so genannten „freien Landschaft“ (Wald, Felder etc) an der Leine zu führen sind. Wer sich nicht daran hält, wird mit Bußgeld bestraft, was ich aus eigener Erfahrung kenne. Unser Hund lief hundert Meter unangeleint über eine Wiese. Es ist niemand zu Schaden gekommen. Der Landkreis Aurich verhängte ein Bußgeld von zweihundert Euro.
Die Leinenpflicht in der Brut- und Setzzeit dient in erster Linie den Jägern. Sie wollen die Hasen und Rehe mit ihren Jagdhunden selbst zu Tode hetzen oder gleich abknallen.
Die Frage ist also: Wer schützt das Wild vor den Jägern? Sie besitzen eine Erlaubnis zum Töten, auch in der Brut- und Setzzeit. So dürfen zum Beispiel in Niedersachsen in der Brut- und Setzzeit folgende Wildarten erlegt werden:
• In der gesamten Brut- und Setzzeit Jungkaninchen, Jungmarderhunde.
• Im Mai: Rotwild: Schmaltiere, Schmalspießer / Rehwild: Böcke und Schmalrehe.
• Im Juni/Juli: Füchse, Jungfüchse.
Dialog Jäger – Hundehalter
Ort: Wald
Personen: Jäger, Frau mit Hund
(Schuss (Knall), Hundegebell)
Jäger: Da haben sie noch einmal Glück gehabt.
Hundehalterin: Warum?
Jäger: Ihr Hund läuft frei und ist eine Gefahr für die Tiere.
Hundehalterin: Was ist mit ihnen? Sie sind doch die größte Gefahr für die Tiere und laufen auch frei herum.
Gesetzgeber räumt Jägern Privilegien ein
In einer Petition an den Landtag in Niedersachsen im September 2009 habe ich gefordert, den Leinenzwang für Hunde in der Brut- und Setzzeit abzuschaffen, weil hier ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt. Jägern werden Rechte eingeräumt, die Hundehaltern verweigert werden. Ein knappes Jahr später, im August 2010 erhalte ich als Antwort die Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, obwohl meine Eingabe an die Legislative und nicht an die Exekutive gerichtet war. In der Stellungnahme heißt es u.a.: Die für die Anleinpflicht von Hunden im Gesetz festgelegte „Brut-. Setz- und Aufzuchtzeit“ (1. April bis 15. Juli) ist ein Kompromiss, den der Gesetzgeber im Abwägungsprozess zwischen dem Schutz der Eltern- und Jungtiere in der freien Natur und dem Anspruch von Hunden auf eine artgerechte Haltung gefunden hat. Früh- und Spätbrüter, die ihre Jungen außerhalb dieser Zeit aufziehen, sind davon nicht umfasst und demgemäß auch nicht vor freilaufenden Hunden geschützt. Die Behauptung des Petenten, die Alleinpflicht in der Brut- und Setzzeit diene in erster Linie den Jägern, entbehrt jeder Grundlage.
So ist das mit Kompromissen. Die Jäger haben eine einflussreiche Lobby, die Hundehalter haben gar keine. Trotzdem: Bei der nächsten Landtagswahl sollten die Hundehalter ihre Stimme nur solchen Kandidaten geben, die sich für die Interessen und Ziele von Hundehaltern einsetzen.
Seit Hermann Göring hat sich nicht viel verändert
Die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder hatte eine Novellierung des Jagdgesetzes auf den Weg gebracht. Danach sollte es verboten werden, Haustiere zu töten, Wildtiere zu mästen und Fallen zu stellen. Daraus ist bis heute nicht geworden. Man soll sich keinen Illusionen hingeben, dass sich beim Jagdgesetz in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Die Jäger haben eine Lobby, von der Hundehalter nur träumen können, obwohl es fast sechs Millionen sind.
Wir brauchen keine Jagd und keine Jäger
Der Autor Paul Müller (Die Zukunft der Jagd und die Jäger der Zukunft, 2009), Biologe, em. Professor für Bio-Geographie und passionierter Jäger schreibt, dass die richtige Jagd „eine tierschutzgerechte Form des Fleischerwerbs“ sei. In uns schlummern die alten Jagdgene unserer Vorfahren. Emotional sind wir noch Jäger, schreibt Müller.
Wir sind heute keine Jäger und Sammler mehr. Um zu überleben, brauchen wir die Beute nicht. Doch Müller gesteht freimütig seine „Jagdpassion und tiefe Liebe zur Natur.“
Jagd ist auch wildes, blutvolles Vorwärtsstürmen, Tasten unserer abgestumpften Sinne an sinnenscharfem Wild, ist ständiger Kampf zwischen Leidenschaft und Vernunft, altes Primatenerbe, ist Suche, manchmal auch Sucht nach Abenteuern in den letzten Wildnissen dieser Erde.
Große Worte. Müller ist immerhin ehrlich. Er schreibt, dass er die Tiere liebt und gesteht freimütig seine Lust zu töten ein: „Der Tötungsakt löst einen Kick beim Jäger aus, der ihn erzittern lässt.” Trotzdem sagt er, dass er ein Tierschützer sei. Ein merkwürdiger Widerspruch. Müller sorgt sich um die Zukunft der Jagd, weil der Tierschutz, der Verfassungsrang hat, inzwischen ein größeres Gewicht hat als die Jagd. Er schreibt: Man darf schwache Signale eines Zeitenwandels nicht ignorieren, man darf aber nicht den Schwätzern, Chaoten und Nur-Gutmenschen kampflos das Feld räumen, weil in einer Demokratie bekanntlich jede Stimme zählt, auch die von Feinden oder von schlichtem Gesocks.(..) .Die Mehrheit des Volkes, so Müller, lasse sich von den “Bio- und Ökoschlagworten” einlullen.
Müller kennt seine Feinde: Die Demokratie und die Jagdgegner. Der Mensch (= Jäger) ist die Krone der Schöpfung. Seit Darwin wissen wir, dass dies Unfug ist. Die größte Gefahr für das Fortbestehen der Jagd sei die Vernunft, meint der spanische Philosoph Orthga y Gasset.
Karl-Heinz List ist Initiator der Initiative Pro Hund in Niedersachsen.
Sind Jäger Tierschützer?Sind Fotofreunde Pädophile?Sind Sportschützen Amokläufer?Das könnte man beliebig fortsetzen.Es gibt immer schwarze Schafe unter den Menschen.Wer aber so verallgemeinert,wie List ist darauf aus Hetze zu betreiben.Richtig ist ,dass die Landesjagdgesetze nivelliert werden müssen und den heutigen Bedingungen angepasst werden solten. Wer für die Abschaffung der Jagd ist,sollte sich mal ernsthaft über die daraus entstehenden Folgen informieren.
Populismus ist zwar modern zur Zeit aber auch gefährlich und ist ein weiteres Mittel zur Manipulation der Menschen.
Man sollte sich ernsthaft Fragen,ob dies nicht auch eine Art des Lobbyismus darstellt.
Wessen Brot ich freß,dessen Lied ich sing.
Hallo, Herr List!
Minister für Landwirtschaft in Niedersachsen ist Gert Lindemann, Jäger!
Sein Parteigenosse (CDU) ist Landtagsabgeordneter in Niedersachsen und Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. Dr. Meyer-Ravenstein vom Landwirtschaftsministerium hat sich auf Ihre Petition geantwortet.
Er ist Jäger.
Sie fordern tatsächlich in einer Petition die Abschaffung der Privilegien der Jäger und richten diese an den Niedersächsischen Landtag? Wie hoffnungslos. Sie könnten auch den Pabst bitten, den Zölibat aufzuheben.