Während in Deutschland Stimmung gegen TTIP gemacht wird und Politiker wie Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Bevölkerung mitteilt, dass TTIP “de facto gescheitert” sei – wies Brüssel dies vehement zurück und sei inhaltlich falsch. In Handelsverhandlungen sei es normal sei, dass die großen Knackpunkte erst am Schluss angegangen würden.
Fakt ist vielmehr, dass mehr als die Hälfte der Europäer für TTIP sind.
Europa benötigt dringend Investoren, mehr Arbeitsplätze und Freihandel. Ist aber ein Europa – mit wachsendem Nationalismus, Rassismus, immer mehr populistischen Führerpersönlichkeiten und fehlendem Realtitätsbezug – erwachsen genug um die Verantwortung für so viel Macht zu übernehmen? Fragt im Anschluss der Journalist und Autor Eric Hansen.
Ein Drittel des BIP von Mexiko stammt aus dem Export in den US-Binnenmarkt, während US-Exporte nach Mexiko kaum von Bedeutung sind. Das kommt von der NAFTA – das Freihandelsabkommen hat amerikanische Jobs und Profite nach Mexiko geschickt und die US hatten im Vergleich zu Mexiko kaum Vorteile davon.
Das ist der Grund, warum Trump und Clinton gegen TTIP sind – amerikanischen Jobs werden nach Osteuropa gehen und der US-Markt wird mit billigen europäischen Produkten überschwemmt werden – es sind die Europäer und vor allem Export-Vizeweltmeister Deutschland, die die grössten Vorteile davon haben, nicht wir.
Die TTIP würde wahrscheinlich nicht nur das Arbeitslosigkeitsproblem in Osteuropa zum grössten Teil lösen, es würde die EU starker machen – wirtschaftlich deutlich starker als die USA, die in der Welt zunehmend zu einem riesigen Abnehmermarkt reduziert werden.
Da bin auch ich unsicher, ob es wirklich eine gute Idee ist – wollen wir wirklich eine EU, die so stark ist – und so viel Einfluss auf die Welt nehmen kann – wie Amerika?
Ich sehe den wachsenden Nationalismus, den offen zur Schau getragenen Rassismus, die bizarren irrationalen öffentlichen Diskussionen, die keinen Bezug zur Realität haben, und die vielen populistischen Führerpersönlichkeiten und ich frage mich, ob Europa erwachsen genug ist, die Verantwortung, die mit so viel Macht einhergeht, zu übernehmen.
Obama war ein Linker von meiner Generation – er glaubt an die internationale Gemeinschaft und will unsere Partner stärken und ihnen mehr eigenständige Macht zuweisen.
Er war vielleicht naiv. Er hat vielleicht doch vergessen, dass unsere Partner vor nur kurzer Zeit unsere Feinde waren und es wieder werden können.
Es kann sein, dass der Traum von einer Welt mit weniger bis keinen Grenzen naiv war – wir haben es in den 50 amerikanischen Bundesstaaten geschafft, aber das bedeutet nicht, dass die Europäer das schaffen.
TTIP ja oder nein? EU ja oder nein? Ich weiss es wirklich nicht.
Eric T. Hansen ist Amerikaner, Buchautor, Journalist und Satiriker, lebt seit über 20 Jahren in Deutschland und heute in Berlin. Seine Bücher: Planet Germany. Eine Expedition in die Heimat des Hawaii-Toasts) oder Die ängstliche Supermacht: Warum Deutschland endlich erwachsen werden muss
. Eric T. Hansen The Hula Ink Blog.
Weitere Informationen: NZZ: Wirtschaftsminister Gabriel hält TTIP für tot
Siehe auch:
- TTIP – Wie sich die Deutschen manipulieren lassen
- Aufregung wegen TTIP? Angst vor fallenden Standards?
- Uruguay, Phillip Morris, internationale Tribunale und TTIP
- Warum ich als Amerikaner gegen die TTIP bin
- Sind NSA und TTIP ein Angriff auf den Rechtsstaat?
- Korruption und Einflussnahme in Deutschland und Europa
- Ich bin ein Enttäuschter Linker
- Steuerschlupflöcher: Problem der EU und USA
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