Heute erinnerten 300 Überlebende und Politiker an die Befreiung des damaligen Konzentrations- und Vernichtungslager vor 70 Jahren.
Die Massaker der Nationalsozialisten dürfen niemals vergessen werden. Nicht nur Ausschwitz ist ein Symbol für die Grausamkeit und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Nazis, sondern auch viele anderen ehemaligen Konzentrationslager.
Die grausamen Taten der Nazis dürfen niemals vergessen werden. An sie muss, gerade in diesem Land, permanent erinnert und das Geschehene von denen die Überlebten oder den wenigen die damals halfen, an die nächsten Generationen weiter gegeben werden.
Mein Großvater war Humanist, der mich wie auch meine Großmutter prägte. Er verachtete Hitler, wie auch feige dumme Mitläufer, die damals in der Mehrheit waren und riskierte, als einer der wenigen Deutschen die damals halfen, sein Leben.
Er versteckte und rettete über viele Jahre während des Nationalsozialismus Menschen vor der Deportation in ein Konzentrationslager und damit vor dem Tod. Einer der jungen Männer den er versteckte war der junge Glaser (Glaser war sein Familienname ), wie ihn mein Großvater immer nannte. Seine Eltern besaßen eine Flugzeugfabrik, die die Nazis beschlagnahmten. Seine Eltern wurden nach Theresienstadt deportiert und dort umgebracht.
Jedes mal wenn ich in sein Zimmer kam und fragte, dauerte es eine Weile bis er meine Fragen beantwortete. “Warum halfen die anderen nicht? Warum wehrte sich niemand gegen Hitler? Wussten die anderen Menschen nicht was mit den Menschen geschieht?”
Ich konnte einfach nicht verstehen, wie alle anderen Menschen in Deutschland damals zusehen konnten, wie ihre Nachbarn und ehrbare Bürger einfach abgeholt, erschossen oder vergast wurden.
Mein Großvater erzählte mir, dass er mehr Angst davor hatte von Deutschen denunziert zu werden, als vor den Nazis – die ihn erschossen hätten. Die nur deshalb ihre Gräueltaten umsetzten konnten, weil die Bevölkerung ihnen dabei half. Jeder wusste damals was mit den Menschen geschah, mit dem Nachbar oder Freunden die man nicht mehr kennen wollte, weil sie von Rassisten diskriminiert, denunziert wurden und deshalb abgeholt wurden.
Als Kind trieb mich an, mehr davon zu erfahren und zu verstehen wie es sein kann, dass so viele Menschen so unmenschlich und grausam sein konnten. Ich konnte es nicht verstehen. Mein Großvater erzählte mir von der Gleichschaltung der Bevölkerung in dem Naziregime und davon, wie die meisten Menschen dies zuließen, nur weil sie an ihren Vorteil dachten, weg sahen, mitmachten oder einfach feige waren.
Der junge Glaser konnte kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs, im letzten Moment in die USA fliehen. Die anderen beiden ebenfalls.
Andere Kinder wollten Grimms Märchen erzählt bekommen, ich wollte alles darüber wissen und verstehen, wie es sein kann, dass ein ganzes Volk so unmenschlich und barbarisch sein, daneben stehen konnte und es zuließ, dass Millionen Menschen einfach ermordet wurden. Nur weil sie sich feige anpassten und an ihren Vorteil dachten.
Mein Großvater bezweifelte auch später, dass die deutsche Bevölkerung das Naziregime jemals vergisst. Er erzählte mir wie viele unzähligen ehemaligen SS Leute und Nazis später als Richter, Staatsanwälte, Anwälte, Polizisten und Beamte für “Recht und Ordnung” in Deutschland sorgten.
Ich erfuhr wie viele Deutsche sich an der Not der Menschen, die fliehen mussten oder deportiert wurden, skrupellos bereicherten, indem sie ihnen ihre Häuser für ein paar Mark abkauften oder einfach übernahmen. Später behielten, wenn eine ganze Familie in einem Konzentrationslager ausgerottet wurde und es keine Nachkommen gab.
Er sagte immer: “Sie verehrten Hitler und werden dies auch ihren Kindern erzählen und dieses braune Gedankengut weiter geben. Sie wissen nicht mehr was Menschlichkeit ist. Wer Schwäche zeigt ist verloren.” Er zweifelte deshalb an dem Erfolg und den Bemühungen der Amerikaner und Engländer der deutschen Bevölkerung Verständnis für Demokratie beizubringen. Er war davon überzeugt, dass dieses Unrecht sich wiederholt und ich dann rechtzeitig das Land verlassen solle.
Durch die vielen Erzählungen meines Großvaters entschied ich mich schon sehr früh dazu Abstand zu halten, um zu beobachten, nicht zu übersehen, was passiert und wann dieses Gedankengut wieder an die Oberfläche kommt. Wie jetzt! Es war schon immer da! Es hat nie aufgehört! Er hatte recht!
Als ich meinen Großvater einmal frage warum er die Menschen rettete, sagte er mir, dass es die Pflicht eines jeden Menschen sei, anderen Menschen zu helfen und: “Wenn man einen Menschen rettet, rettet man die Welt!”
Der einzige Schutz gegen solches Gedankengut ist Menschlichkeit, auf die niemand besser hinweist als Charlie Chaplin in der Schlussrede in seinem Meisterwerk “Der große Diktator”. (Unten das Video)
Astrid Ebenhoch ist Journalistin und Gründerin von Hounds & People
Siehe auch:
Die Suche nach Hitlers Volk Teil I
Die Suche nach Hitlers Volk Teil II
Hier die ganze Schlussrede!
“Es tut mir leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir. Ich möchte weder herrschen noch irgend wen erobern, sondern jedem Menschen helfen wo immer ich kann; den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen.
Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, nur so verbessern wir die Welt. Wir sollten am des Anderen teilhaben und nicht einander verabscheuen. Haß und Verachtung bringen uns niemals näher. Auf dieser Welt ist Platz genug für jeden, und Mutter ist reich genug um jeden von uns satt zu machen.
Das Leben kann ja so erfreulich und wunderbar sein, wir müssen es nur wieder zu leben lernen! Die Habgier hat das Gute im Menschen verschüttet, und Mißgunst hat die Seelen vergiftet und uns im Paradeschritt zu Verderben und Blutschuld geführt. Wir haben die Geschwindigkeit entwickelt, aber innerlich sind wir stehengeblieben.
Wir lassen Maschinen für uns arbeiten, und sie denken auch für uns. Die Klugheit hat uns hochmütig werden lassen und unser Wissen kalt und hart. Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig. Aber zuerst kommt die Menschlichkeit und dann erst die Maschinen. Vor Klugheit und Wissen kommt Toleranz und und Güte. Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe ist unser Dasein nicht lebenswert.
Aeroplane und Radio haben uns einander nähergebracht. Diese Erfindungen haben eine Brücke geschlagen von Mensch zu Mensch, die erfassen eine allumfassende Brüderlichkeit, damit wir alle Eins werden. Millionen Menschen auf der Welt können im Augenblick meine Stimme hören. Millionen verzweifelter Menschen , Opfer eines Systems, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Unschuldige zu quälen und in Ketten zu legen. Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu “Ihr dürft nicht verzagen!”. Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich.
Die Männer die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein! Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen, und auch ihr Haß. Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden. Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß.
Soldaten, vertraut Euch nicht Barbaren an, Unmenschen, die Euch verachten und denen Euer Leben nichts wert ist; Ihr seid für sie nur Sklaven, Ihr habt das zu tun, das zu glauben und das zu fühlen. Ihr werdet gedrillt, gefüttert, wie Vieh behandelt und seid nichts weiter als Kanonenfutter. Ihr seid viel zu schade für diese verwirrten Subjekte, diese Maschinenmenschen mit Maschinenköpfen und Maschinenherzen. Ihr seid keine Roboter, Ihr seid keine Tiere, Ihr seid Menschen!
Bewahrt Euch die Menschlichkeit in Euren Herzen und haßt nicht! Nur wer nicht geliebt wird, haßt! Nur wer nicht geliebt wird. Soldaten, kämpft nicht für die Sklaverei, kämpft für die Freiheit!
Im 17. Kapitel des Evangelisten Lukas steht: “Gott wohnt in jedem Menschen”. Also nicht in einem oder einer Gruppe von Menschen. Vergeßt nie, Gott lebt in Euch allen, und Ihr als Volk habt allein die Macht, die Macht Kanonen zu fabrizieren, aber auch die Macht Glück zu spenden. Ihr als Volk habt es in der Hand, dieses Leben einmalig kostbar zu machen, es mit wunderbarem Freiheitsgeist zu bedringen.
Daher im Namen der Demokratie: laßt uns diese Macht nutzen, laßt uns zusammenstehen! Laßt uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt, die Jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt. Versprochen haben die Unterdrücker das auch, deshalb konnten sie die Macht ergreifen. Das war Lüge, wie überhaupt alles, was sie Euch versprachen, diese Verbrecher!
Diktatoren wollen die Freiheit nur für sich, das Volk soll versklavt bleiben. Laßt uns diese Ketten sprengen, laßt uns kämpfen für eine bessere Welt, laßt uns kämpfen für die Freiheit in der Welt, das ist ein Ziel für das es sich zu kämpfen lohnt! Nieder mit der Unterdrückung, dem Haß und der Intoleranz. Laßt uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen. Kameraden! Im Namen der Demokratie, dafür laßt uns streiten!”
Kommentare sind geschlossen, Trackbacks und Pingbacks offen.